Am 27. und 28. Juni 2024 fand an der HWR Berlin das Abschlusstreffen der BMBF-Fördermaßnahme „Interaktive Systeme in virtuellen und realen Räumen – Innovative Technologien für die digitale Gesellschaft“ (VAR2) statt. Anwesend waren führende Forscherinnen und Forscher aus dem Bereich der Erweiterten Realität (XR). Ein Highlight waren die Demonstrator-Präsentationen aus den geförderten Projekten.
Wie bereits bei dem Vernetzungstreffen im Jahr 2022, hatte die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin ihre sehr repräsentative Aula für das Abschlusstreffen zur Verfügung gestellt. Diese bot genug Platz für die 15 wissenschaftlichen Verbundprojekte aus der Förderbekanntmachung – jeweils mit einem Demonstratorstand, und das Begleitprojekt „XR-Interakt“. Insgesamt waren 115 Forschende angereist.
Das Programm für die beiden Veranstaltungstage bot allen Projekten die Chance, ihre Forschungsarbeit und deren Ergebnisse sowohl in Form von Kurzpräsentationen auf der Bühne, als auch durch sehr eindrückliche Live-Präsentationen ihrer Demonstratoren vorzustellen. Neben dem Rückblick auf die Forschungsarbeiten, sollten die beiden Tage auch der ausgiebigen Vernetzung und dem wissenschaftlichen Blick in die Zukunft dienen.
Mit einem Grußwort stimmte Katrin Nostadt aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Forschenden auf den intensiven Austausch an den beiden Veranstaltungstagen ein. Dabei blickte sie zurück auf einzelne Meilensteine der Förderreihe und fasste deren thematischen Schwerpunkt zusammen: Durch die Arbeit der VAR2-Forschungsprojekte sollten interaktive Technologien entwickelt und weiterentwickelt werden, die eine neue Qualität der zwischenmenschlichen Kommunikation und des Kompetenzerwerbs über Distanzen hinweg ermöglichen. Es ging dabei nicht nur darum, Partizipation und Inklusion zu erleichtern, sondern auch um die Schaffung von „immersiven und effektiven Wissensräumen“ oder das Ermöglichen von „Sozialer und kultureller Teilhabe“. Diese thematische Bandbreite spiegelte sich in den 15 sehr unterschiedlichen Verbundprojekten eindrücklich wider.
Das Begleitprojekt „XR-Interakt“ unterstützte die Forschungsarbeiten der 15 wissenschaftlichen Verbundprojekte. XR-Interakt fungierte dabei als Living Lab – unter anderem mit der Aufgabe, die Zusammenarbeit unter den einzelnen Projekten zu fördern und zu moderieren. Dabei arbeiteten die Forschenden auch agile Evaluationsprozesse aus und unterstützten den Technologietransfer innerhalb der Wissenschaft und zwischen Wissenschaft, Industrie und Gesellschaft. Ein besonderer Meilenstein war die Ausrichtung der XR Expo 2024 in Stuttgart. In seiner Keynote stellte Prof. Dr. Christoph Runde die vielfältigen Ergebnisse der Begleitforschung vor, darunter auch übergreifende Evaluationsergebnisse, Aktivitäten zur Standardisierung und Normierung von XR-Technologien sowie Auswertungen zum Ergebnistransfer.
Bis Mitte 2023 standen den Forschenden zusätzlich die beiden Living Labs VITALab und Hive-Lab aus der vorausgegangenen Fördermaßnahme VAR1 beratend zur Seite. Eine Übersicht der Forschungsprojekte, sowie detaillierte Informationen zu Projektergebnissen finden Sie hier: Ergebnissteckbriefe VAR2
Eine weitere Keynote hielt Tatjana Halm, die als Leiterin des Referats für Recht und Digitales in der Verbraucherzentrale Bayern arbeitet. In ihrem Vortrag lobte die Rechtsanwältin zunächst die vielfältigen Chancen, die durch den Einsatz von XR-Technologien entstehen. Dabei nannte sie die unterschiedlichen Anwendungsfelder der Förderbekanntmachung: Bildung, Gesundheit, Nachhaltigkeit und Klimaschutz, ländlicher Raum und Inklusion. Wichtig sei bei allen Chancen aber auch ein kritischer Blick auf die Herausforderungen, die sich aus der Nutzung von Technologien der erweiterten Realität ergeben. Hier nannte sie Datenschutz und Datensicherheit, ging aber auch auf die Gefahren ein, die durch Manipulationen erwachsen könnten und die durch die immersiven Erfahrungen in virtuellen Welten womöglich verstärkt werden könnten. Auch sei es wichtig, XR-Technologien für die Gesellschaft als Ganzes zu denken. Dies schließe auch den Abbau von technischen Hürden und ein Streben nach Barrierefreiheit mit ein.
In der von Frau Prof. Dr. Heike Wiesner von der HWR Berlin moderierten Podiumsdiskussion tauschten sich die Keynote-Rednerin, Frau Tatjana Halm, Herr Prof. Dr. Johann Habakuk Israel von der HTW Berlin, Frau PD Dr. Dimitra Tsovaltzi vom DFKI und Prof. Dr. Moritz Queisner von der Charité Universitätsmedizin Berlin aus. Im Fokus standen dabei Fragen zur Umsetzung eines effektiven Verbraucherschutzes, zu datenschutzrechtlichen Herausforderungen – auch in Abwägung zur Innovationsfreiheit – und zur Bedeutung von Standards und Normen im Bereich XR.
Den thematischen Abschluss der Veranstaltung markierte die Keynote von Prof. Dr. Frank Steinicke von der Universität Hamburg. Prof. Steinicke, der die Förderlinie „Interaktive Systeme in virtuellen und realen Räumen“ mit dem Living Lab VITALab begleitet hatte, stellte in seinem Vortrag „Is Winter Coming?“ die Frage, ob sich das Themenfeld XR am Ende eines gesellschaftlichen bzw. wissenschaftlichen Hypes befindet, oder ob die großen und bahnbrechenden Innovationen noch bevorstehen. Dabei stellte er auf sehr anschauliche Weise die Entstehungsgeschichte von Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) und Mixed Reality (MR) dar und hob einzelne Meilensteine in der Entwicklung hervor. Seiner Meinung nach wurden und werden weiterhin große Fortschritte in der technologischen Entwicklungsarbeit erreicht, die immer wieder auch gesellschaftliche Trends hervorrufen – wie zuletzt die Veröffentlichung von Apple‘s Vision Pro. In seiner Darstellung zog er immer wieder Vergleiche zur stetigen Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI). Der Blick auf KI sei nicht nur lohnenswert, wenn es um die Erklärung von gesellschaftlichen Hypes ginge, sondern sie sei auch ein technologisches Feld, dessen Weiterentwicklung direkte Auswirkungen auf den Fortschritt bei der Technologie der Erweiterten Realität haben könne. Im Hinblick auf die Eingangsfrage nach Frühling oder Winter, fasste Prof. Steinicke seinen Vortrag mit dem sehr optimistischen Ausblick zusammen, dass, auch wenn man aktuell in einen XR-Winter zusteuern sollte, danach auf jeden Fall ein weiterer Frühling folgen würde.
https://www.interaktive-technologien.de/service/aktuelles/vernetzung-in-digitalen-raeumen
https://www.interaktive-technologien.de/service/aktuelles/ar-und-vr-konzepte-fuer-ein-gesundes-leben