Assistenzroboter mit echtem Mehrwert für den Menschen

Am 5. und 6. Oktober 2020 kamen etwa 120 Forschende aus den BMBF-Förderprojekten im Bereich Assistenzrobotik zu einem virtuellen Abschluss- und Vernetzungstreffen zusammen. Im Fokus standen dabei Fragen zur Verbesserung des Zusammenspiels zwischen Mensch und Roboter, diskutiert wurden aber auch praktische Aspekte, wie beispielsweise die Durchführung von Probandenstudien während einer Pandemie.

Screenshot_ARA1_TriCAT
Die Abendveranstaltung fand in einer virtuellen 3D-Welt statt.© TriCAT GmbH

Für die Forschenden der BMBF-Förderbekanntmachung „Autonome Roboter für Assistenzfunktionen: Interaktive Grundfertigkeiten (ARA1)“ markierte die Veranstaltung das offizielle Ende einer 3-jährigen Forschungsarbeit. Die ebenfalls anwesenden Projektgruppen der Bekanntmachungen „Roboter für Assistenzfunktionen: Interaktionsstrategien“ (RA2) und „Roboter für Assistenzfunktionen: „Interaktion in der Praxis“ (RA3) erhielten die Chance, sich von den Ergebnissen der auslaufenden Projekte für ihre eigene Forschung inspirieren zu lassen. Katrin Nostadt aus dem BMBF-Referat 616 „Interaktive Technologien für Gesundheit und Lebensqualität“ hob in ihrer Eröffnungsrede die Wichtigkeit des Austauschs zwischen Projektgruppen in unterschiedlichen Stadien der Forschung, auch über die Grenzen von Förderbekanntmachungen hinaus, hervor und zeigte sich erfreut darüber, dass sich derzeit eine Community für die Assistenzrobotik-Forschung in Deutschland etabliert.

Assistenzroboter – eine große Hilfe im Alltag oder im Beruf

Die Präsentationen der ARA1-Projekte zeigten eine große Bandbreite an interaktiven Grundfertigkeiten, mit denen die Roboter den Menschen im Alltag unterstützen können. Davon profitieren beispielsweise ältere Menschen, wie das Projekt AuRoRa verdeutlichte: Die Forschenden hatten ein lernendes Roboter System entwickelt, das keinerlei Vorkenntnisse der Nutzerinnen und Nutzer voraussetzt und beispielsweise in der Küche zum Einsatz kommt, wo es selbstständige Tätigkeiten ausführt und beim Kochen hilft.
Aber auch das Projekt MobILe entwickelte einen Assistenzroboter, der Personen mit multiplen körperlichen Einschränkungen dabei hilft, ein selbstständigeres Leben zu führen. Das System wird durch Kopf- und Augenbewegungen gesteuert und ermöglicht etwa das vollautomatische Anreichen eines Trinkbechers.
Assistenzrobotik hilft jedoch nicht nur körperlich eingeschränkten Menschen im Alltag, auch in der industriellen Fertigung kann Robotik zum Einsatz kommen, Prozesse beschleunigen oder, wie das Projekt RoKoRa demonstrierte, zur Arbeitssicherheit beitragen: Die Projektgruppe entwickelte eine innovative Radarsensorik, die eine sichere und gleichzeitig effiziente Interaktion zwischen Mensch und Roboter ermöglicht, indem sie die menschlichen Bewegungen erkennt und die Bewegungen des Roboters in Echtzeit darauf abstimmt.
Dass Assistenzroboter auch jenseits von Umgebungen funktionieren, die für ihren Einsatz optimiert sind, zeigte das Projekt FRAME. Die Forschenden entwickelten einen mobilen Roboter, der auch in nicht-automatisierten Gebäuden Türen öffnen oder Aufzüge nutzen kann, indem er Menschen um Hilfe bittet. Auf diese Weise kann er sich frei im Gebäude bewegen und selbstständige Tätigkeiten übernehmen.

Assistenzrobotik soll zum Einsatz kommen, wenn sie gebraucht wird – sonst nicht

Den zweiten Veranstaltungstag eröffnete Sibylle Quenett, Leiterin des Referats „Interaktive Technologien für Gesundheit und Lebensqualität“ im BMBF. In ihrer Rede griff sie einen grundlegenden Diskurs der Veranstaltung auf – die Frage nach der Akzeptanz von Technologie – und bezog ihn auf die Ausrichtung des BMBF Referats 616: „Es geht darum, Technologien so zu gestalten, dass sie uns das Leben heute und in der digitalen Zukunft erleichtern und verbessern. Und das sicher, intuitiv und verlässlich. Dort wo wir sie brauchen. Wenn Technologie mit uns interagiert, dann muss sie in unsere individuelle Lebenswelt passen. Und nicht umgekehrt.“ Auch die Teilnehmenden waren sich einig: Wenn Assistenzrobotik in der Gesellschaft ankommen und akzeptiert werden soll, muss sie Mehrwert stiften. Und sie muss immer dann zum Einsatz kommen können, wenn sie gebraucht wird. Zeit und Ort für den Einsatz muss der Mensch jedoch stets selbst bestimmen können.
Die Vielfalt der präsentierten Ansätze und Konzepte verdeutliche, wie unterschiedlich das Einsatzgebiet eines Assistenzroboters dabei sein kann. Die Diskussionen unter den Teilnehmenden zeigten zudem, dass es nie „den einen“ Assistenzroboter geben wird. Stattdessen müsse die jeweilige Lösung immer auf die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer abgestimmt werden. Dies sei ein wichtiger Prozess, in dem nicht nur technische Herausforderungen gemeistert werden, sondern auch gesellschaftliche Fragestellungen beantwortet werden müssen.

Forschung in Zeiten einer Pandemie

Die Covid-19 Pandemie ist auch an der Assistenzrobotik nicht vorbeigegangen: In der Session „Probandenstudien in Zeiten einer Pandemie“ wurde deutlich, dass nahezu jedes Projekt Planungsänderungen durch Corona-Maßnahmen erlebt hat. Jedoch verdeutlichte die Pandemiekrise auch die Aktualität des Forschungsgebiets: Gerade die in den vergangenen Monaten ausgerufenen Kontaktbeschränkungen, durch die familiäre Unterstützung oft nur eingeschränkt möglich war, habe gezeigt, wie sinnvoll in manchen Lebenssituationen ein robotischer Begleiter sein könne.

Weitere Sessions des zweiten Veranstaltungstages beschäftigten sich mit dem kommerziellen Nutzen der Assistenzrobotik, Möglichkeiten der Aufmerksamkeitssteuerung bei der Interaktion von Roboter und Mensch sowie mit funktionaler Sicherheit bei der Mensch-Roboter-Interaktion.

Abendveranstaltung in 3D-Welt

Bei klassischen Online-Veranstaltungen sind dem persönlichen Austausch zwischen einzelnen Kongress-Teilnehmenden meist formatbedingte Grenzen gesetzt. Die ungestörten Gespräche und das Networking, das bei Präsenzveranstaltungen oftmals in den Kaffeepausen stattfindet, fällt daher entweder ganz weg oder wird an anderer Stelle nachgeholt. Um solche Austausch- und Networking-Möglichkeiten auch bei einem virtuellen Treffen zu ermöglichen, hatten die Teilnehmenden am Abend des ersten Veranstaltungstags die Chance, sich in einer virtuellen 3D-Umgebung zusammenzufinden. Ähnlich wie bei einem Computerspiel, konnten sie sich dort mit ihrem Avatar frei bewegen, einer abschließenden Fragerunde beiwohnen oder sich in vielen separaten Räumlichkeiten sprichwörtlich von Angesicht zu Angesicht unterhalten.

Weitere Informationen:

Bekanntmachung „Autonome Roboter für Assistenzfunktionen: Interaktive Grundfertigkeiten (ARA1)
Ergebnissteckbriefe ARA1