Wenn Roboter nicht nur funktionieren, sondern auch als soziale Wesen mit dem Menschen interagieren sollen, dann braucht es für deren Entwicklung mehr als rein technische Expertise. Dann ist interdisziplinärer Austausch gefragt. Dass dieser frühestmöglich gelebt werden sollte, zeigt das BMBF-geförderte Projekt SoDiLe – mit einem interdisziplinären Seminar für Studierende aus Bielefeld und Marburg.
Was die technische Komponente in der Roboter-Entwicklung betrifft, ist heute bereits sehr vieles möglich. Ständig wächst der Funktionsumfang der vielen unterschiedlichen Roboter-Arten. Neben den technischen Aspekten, sind für die Robotik-Forschung jedoch auch andere Fragestellungen von Bedeutung. Die Forschenden des Projekts SoDiLe aus dem Cluster Integrierte Forschung setzen sich für eine interdisziplinäre Technikforschung und -entwicklung ein. Diese sollte idealerweise so früh wie möglich ansetzen:
„Die Forschung fängt bei der Lehre an. Interdisziplinarität ist dabei die Zukunft“, sagt Prof. Dr. Axel Benning, Projektkoordinator von SoDiLe an der Fachhochschule Bielefeld. Am projektbegleitenden Seminar nehmen Studierende aus der Informatik, der Theologie und den Rechtswissenschaften teil und bringen jeweils ihre Perspektiven in die Robotik-Forschung ein. Gemeinsam mit Benning leitete der Theologe Prof. Dr. Marcell Saß das Seminar. Ziel ist, sich gegenseitig jeweils aus der anderen wissenschaftlichen Betrachtung heraus zur eigenen Reflexion zu bewegen und zwar weit über die technischen Herausforderungen hinaus. Welche ethischen und juristischen Aspekte sind bei der Entwicklung zu beachten? Auf welchem Menschenbild basiert dies aus moralischer Sicht?
Fallstudie zum Einsatz eines sympathischen Roboters
Zur Reflektion bearbeiteten die Studierenden im ersten Seminar eine Fallstudie mit einer Roboterfigur, die im Rahmen des Forschungsprojekts VIVA entwickelt wurde. Sie basiert auf künstlicher Intelligenz, ist sozial intelligent und interagiert empathisch mit dem Menschen. Die Studierenden identifizierten und bewerteten anhand verschiedener Anwendungsszenarien die jeweils ethischen und juristischen Gesichtspunkte des Robotereinsatzes. Ein Beispiel: Eine ältere Person telefoniert. Während des Gesprächs erfasst und speichert das robotische System personenbezogene Daten Dritter, wie Namen, Geburtstage oder Verwandtschaftsverhältnisse, anhand derer es den Nutzer an die Geburtstage erinnern kann.
Die Studierenden aus dem Fachbereich Wirtschaft der FH Bielefeld (Juristinnen und Juristen sowie Informatikerinnen und Informatiker) analysierten anhand des Szenarios, welche Rechtsbereiche datenrechtlich betroffen sind; ob bestehende Gesetze angewandt werden können oder Gesetzeserweiterungen notwendig sind. Die Theologinnen und Theologen des Fachbereichs Evangelische Theologie der Philipps Universität Marburg betrachteten demgegenüber die Folgen des Robotereinsatzes für unsere Vorstellung vom Menschen. Die Perspektiven eröffneten für die Studierenden aus dem Bereich Informatik neue wertvolle Horizonte. „Vor allem die Informatikerinnen und -informatiker standen dem interdisziplinären Seminar zunächst skeptisch gegenüber. Viele fragten sich, wie Geisteswissenschaftler etwas zur Robotik beitragen sollten“, so Prof. Benning. „Die Skepsis ist jedoch schnell gewichen.“ Die Bedeutung ethischer, sozialer und rechtlicher Aspekte über die technologischen Fragestellungen hinaus konnte im Rahmen des Seminars allen Studierenden erfolgreich vermittelt werden, die die Reflexion nun mit in ihre Arbeitsgruppen nehmen. Eine Fortführung des Seminars in 2023 ist bereits in Planung.
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