Am 12. Mai trafen sich Forscherinnen und Forscher zum virtuellen Vernetzungstreffen im Rahmen der BMBF-Fördermaßnahme „Mensch-Technik-Interaktion für digitale Souveränität“.
Wie können wir als Nutzende digitaler Systeme und Dienste dazu befähigt werden, mit unseren persönlichen Daten reflektierter umzugehen? Diese Frage hatte noch nie eine so hohe Relevanz wie heute – so der Konsens der beteiligten Projekte beim dritten Vernetzungstreffen der Fördermaßnahme „Mensch-Technik-Interaktion für digitale Souveränität“ (DISO). Die Forschenden arbeiten seit 2020 an Lösungen, um Menschen zu befähigen, mit ihren Daten selbstbestimmt und kompetent umzugehen.
Philipp Hagen vom BMBF erinnerte in seinem Grußwort an die zunehmenden Herausforderungen, denen Menschen beim Umgang mit ihren Daten im Netz gegenüberstehen. Zur Unterstützung seien nutzerzentrierte Lösungen am besten geeignet. Zudem habe die Pandemie die Digitalisierung nochmal beschleunigt. Und: „Digitaler Alltag bedeutet auch, dass wir immer mehr Informationen über uns wie selbstverständlich im Internet preisgeben – sei es im beruflichen oder im privaten Umfeld. Dabei hoffen wir stets, dass die Anbieter von digitalen Dienstleistungen verantwortungsbewusst mit unseren Daten umgehen. Digitale Souveränität ist daher ein sehr zeitgemäßes Thema. Die individuelle Souveränität – also die reflektierte und selbstbestimmte Entscheidung darüber, welche personenbezogenen Daten wem und zu welchem Zweck zur Verfügung stehen sollen – ist heute wichtiger denn je“, so Philipp Hagen.
Den Schutz personenbezogener Daten durch politischen Diskurs stärken
Auch die Diskussionen im Rahmen der Veranstaltung zeigten nochmal die hohe Bedeutung der politischen Auseinandersetzung mit dem Thema „Digitale Souveränität“. Hier spiegelte sich letztlich der öffentliche Diskurs der Wissenschaft mit den zentralen Stakeholdern aus Politik, Industrie, Zivilgesellschaft und den Nutzenden wider.
Das Kompetenzzentrum und Netzwerk Digital Autonomy Hub wird deshalb als Begleitprojekt der Fördermaßnahme DISO weiterhin einen starken Fokus auf einen offenen und intensiven politischen Austausch legen, wie Elisabeth Schauermann von der Gesellschaft für Informatik (GI) und Dr. Anne Mollen von der AlgorithmWatch gGmbH als Koordinatorinnen des Hubs ankündigten. Wichtige Themen seien z. B. das Dateninstitut, das Transparenzgesetz und die Platform Governance (DSA). Zu den Aktivitäten in den nächsten Monaten gehören außerdem die Intensivierung des Wissensaustauschs und -transfers zwischen den Forschungsprojekten sowie die Fortführung öffentlichkeitswirksamer Formate wie öffentliche Webtalks und der in diesem Jahr gestartete Digital Autonomy Award.
„Nach ungefähr zwei Jahren des intensiven Forschens und Entwickelns in den Projekten des Netzwerks ist es sehr erhellend, wie die Lösungsideen für mehr digitale Selbstbestimmung und Nutzersouveränität zunehmend Gestalt annehmen. Umso wichtiger ist uns der intensive Austausch, damit die spannenden neuen Technologien, Erkenntnisse und Diskurse auch außerhalb des Netzwerks zugänglich werden und die Zielgruppen erreichen - allen voran die Nutzerinnen und Nutzern.“
Elisabeth Schauermann, Teamleitung Gesellschaft und Internationales, Gesellschaft für Informatik e.V. (GI).
Quelle: Gesellschaft für Informatik e.V.
„Das Zusammenkommen und der inhaltliche Austausch im Rahmen des Netzwerktreffens war zu diesem Zeitpunkt der Projektlaufzeiten sehr wertvoll. Insbesondere die Bezugnahmen auf aktuelle politische Regulierungsvorhaben – von datenpolitischen Vorhaben, über die Verwaltungsmodernisierung, zur Plattformregulierung – zeigen die Aktualität und Relevanz der Forschung zur Mensch-Technik-Interaktion im Rahmen von digitaler Souveränität. Die vorliegenden und noch zu erwartenden Ergebnisse bieten viele Anknüpfungspunkte für politische Handlungsempfehlungen und ein Mitdiskutieren bei wichtigen datenpolitischen Weichenstellungen für die kommenden Jahre, mit dem Ziel Nutzerinnen und Nutzer in ihrer digitalen Selbstbestimmung zu stärken.“
Dr. Anne Mollen, Senior Policy & Advocacy Manager, AlgorithmWatch gGmbH.
Quelle: Digital Autonomy Hub.
Mit dem Digital Autonomy Award zeichnete das Digital Autonomy Hub erstmalig 2022 gemeinsam mit dem iRights Lab, dem Verein Wikimedia Deutschland, der Stiftung Digitale Chancen und der Stiftung Neue Verantwortung innovative digitale Lösungen aus, die Menschen einen reflektierten und selbstbestimmten Umgang mit ihren Daten, Geräten und Anwendungen ermöglichen. Zu Gast bei der Vernetzungsveranstaltung stellte Frau Prof. Dr. Melanie Volkamer, Leiterin der Forschungsgruppe "Security * Usability * Society" (SECUSO) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Siegerprojekt Privacy Friendly Apps vor. Im Projekt wurden 33 kostenfreien Open Source Apps aus den Bereichen Fitness & Gesundheit, Tools, Spiele und Sicherheit entwickelt, wie z. B. ein Schrittzähler, eine Wetterbericht-App oder ein Passwortgenerator. Das Besondere: Die Apps fordern lediglich die für die Funktionalität notwendigen Berechtigungen an und enthalten darüber hinaus keinerlei Tracking-Mechanismen. Jegliche Daten werden nur auf den Geräten der Nutzenden gespeichert. Die Apps stellen somit privatsphärenfreundliche Alternativen zu weitverbreiteten datenhungrigen Apps dar, die stets zusätzlichen Zugriff auf sensible Daten einfordern.
Blitzlichter aus der Forschung
Die insgesamt zehn DISO-Forschungsverbünde präsentierten in ihren Kurzvorträgen Ansätze zur Steigerung von Datenkompetenz, Datenkontrolle und Datensouveränität sowie Ergebnisse aus den ersten beiden Forschungsjahren. In den drei Themenblöcken „Spielerische Ansätze des Lernens“, „Gesundheitsdaten selbstbestimmt nutzen“ und „Visualisierung von Datenschutz“ diskutierten die Projektvertreterinnen und -vertreter zu ihren jeweiligen Lösungen und Herausforderungen sowie zu zentralen Fragestellungen wie:
• Sind digitale Gamification-Angebote für alle geeignet und worauf muss geachtet werden, wenn z.B. ältere Menschen oder Menschen mit kognitiven Einschränkungen Serious Games nutzen sollen?
• Wie erarbeitet man eine Storyline, die lehrreich ist und gleichzeitig dauerhaft spannend für die Nutzerinnen und Nutzer bleibt?
• Wie lässt sich der Wunsch nach hohem Datenschutz mit dem Wunsch nach einer verbesserten medizinischen Versorgung vereinen, wenn letztere auf dem Einsatz intelligenter Assistenzsysteme beruht?
• Welche Zusammenhänge lassen sich aufgrund ihrer Komplexität nur schwer visualisieren und mit welchen Ansätzen kann dieser Problematik begegnet werden?
Die Diskussionen machten deutlich: Jeder Mensch muss immer wieder aufs Neue abwägen, wie wichtig ihm Datenschutz im jeweiligen Kontext ist und es braucht individuelle und bedarfsgerechte Angebote bei der Verwendung von digitalen Diensten. Datenkompetenz heißt, dass Nutzerinnen und Nutzer bewusst und selbstbestimmt zwischen Datenschutzinteressen auf der einen Seite und den Vorteilen des Datenteilens auf der anderen abwägen können. Um diese Abwägung jedoch individuell und fundiert vornehmen zu können, brauchen sie auf sie zugeschnittene transparente Informationen und geeignete Hilfestellungen.
Download:
Ergebnisse Mentimeter-Umfragen (PDF-Download).
Weitere Informationen:
Bekanntmachung „Mensch-Technik-Interaktion für digitale Souveränität“