Technologie bewegt Pflege

Am 21. und 22. September trafen sich rund 300 Expertinnen und Experten aus dem Pflegebereich zur 5. Clusterkonferenz „Zukunft der Pflege“ im Kurhaus in Bad Krozingen, um sich über Neuigkeiten anwendungsorientierter und praxisnaher Pflegeinnovationen zu informieren und auszutauschen. Diesjähriger Gastgeber war das Pflegepraxiszentrum Freiburg.

Am eigenen Stand stellten die Beteiligten des Clusters Zukunft der Pflege Pflegetechnologien aus der aktuellen Forschung und Entwicklung vor. ©PPZ Freiburg

Das Cluster „Zukunft der Pflege“ wurde 2017 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ins Leben gerufen. Seitdem kommen alle im Cluster beteiligten Akteurinnen und Akteure einmal im Jahr zusammen, um einander wertvolle Einblicke in den Entwicklungsstand neuer Technologien sowie deren Anwendung und Wirkung in der Pflegepraxis zu vermitteln. Unter den Teilnehmenden des diesjährigen Treffens in Bad Krozingen befanden sich Vertreter der Pflegewissenschaft und –praxis, Forschende aus den Ingenieur-, Geistes- und Sozialwissenschaften sowie Stakeholder aus Pflege, Wissenschaft und Politik. Das abwechslungsreiche Programm umfasste Keynote-Vorträge, parallele Workshops und Podiumsdiskussionen. Sie alle beleuchteten unter dem diesjährigen Motto der Konferenz „Technologie bewegt Pflege“ das Zusammenspiel von Pflege und Technik unter verschiedenen, interdisziplinären Gesichtspunkten. Eine Ausstellung und eine Poster-Session flankierten das Programm.

Pflege in Bewegung?
„Technologie bewegt Pflege“. Eine Formulierung, die eine Betrachtung aus unterschiedlichen Perspektiven und vielfältige Assoziationen erlaubt. In ihrer Begrüßungsrede brachte Sibylle Quenett, Leiterin des Referats „Interaktive Technologien für Gesundheit und Lebensqualität“ im BMBF, die Aspekte auf den Punkt: Erstens „bewegen neue Pflegetechnologien Pflegeprozesse und gewohnte Abläufe der Pflegenden“. Zweitens „bewege“ der Einsatz von Technik auch die Gepflegten. So sei der Einbezug ethischer Aspekte in der Technologieforschung wichtig. Schließlich und drittens bewege Technik das Berufsbild der Pflege insgesamt.

Frau Dr. Johanna Feuchtinger, Leiterin des PPZ Freiburg, ergänzte in ihrer Begrüßung: „Technologie bewegt Pflege“ beziehe sich auch auf die enorme Vielfalt t der Pflegetechnologien. Es sei deshalb besonders wichtig, dass weiter die Bereitschaft wachse, sich mit Technologie auseinanderzusetzen. Pflegende können durch Innovationen wirksam unterstützt werden, so dass menschliche Fürsorge im Alltag wieder mehr im Vordergrund stehen könne.

Dr. Caren Keeley von der Universität zu Köln stellte in ihrer Keynote zur teilhabeorientierten Forschung bei vulnerablen Gruppen u.a. Fotobefragungen als geeignete Methode vor©Benedikt Krieger/VDI/VDE-IT

Nachgefragt: erprobte und verfügbare Methoden für teilhabeorientierte Forschung
Einen interdisziplinären Blick auf Pflegeinnovationen lieferten die beiden Keynote-Vorträge: Frau Dr. Caren Keeley, Akademische Rätin am Lehrstuhl Pädagogik und Rehabilitation bei Menschen mit geistiger und komplexer Behinderung der Universität zu Köln, erläuterte die Herausforderungen und schwierigen Rahmenbedingungen partizipativer, teilhabeorientierter Forschung bei vulnerablen Gruppen, insbesondere bei komplex behinderten Menschen. Ihre These: es brauche weitere erprobte Methoden, die für alle gleichermaßen nutzbar sind. Mit methodischen Beispielen und Tools gab sie den Konferenzteilnehmenden wertvolle Anstöße für ihre partizipative Forschungsarbeit im Rahmen von Pflegeinnovationen. (Weitere Informationen im Kurzinterview)

Die zweite Keynote der Konferenz, gehalten von Christoph Golz von der Fachhochschule Bern, stand unter dem Motto Technostress bei Mitarbeitenden im Gesundheitswesen. Er zeigte auf, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf die Pflegenden und andere Berufsgruppen haben können. Er beleuchtete, welche Implikationen und Sensibilitäten dies für die Einführung von Technologien und Digitalisierung in diesem Berufsfeld mit sich bringt. Weitere Informationen im Kurzinterview

Christoph Golz von der Fachhochschule Bern erläuterte in seiner Keynote zum Thema Technostress die Auswirkungen der digitalen Transformation in der Pflege auf das Personal. ©Tanja Hansen-Schweitzer/VDI/VDE-IT

Kurz mal weg Beamen
Die Podiumsdiskussion mit dem Thema „Kurz mal weg Beamen“ richtete den Blick auf die Forschungspraxis: Im Fokus stand das Projektionssystem Qwiek.up, ein Projekt des PPZ Freiburg. Die beteiligten Forschungspartner verschiedener Disziplinen sowie eine Angehörige, die das System im Einsatz erlebt hat, vermittelten, wie das System Betroffenen helfen und Pflegende und Angehörige erheblich entlasten konnte. Konsens der anschließenden Diskussion war, dass der Einsatz der Technologie die menschliche Betreuung nicht ersetzen, sondern ihre Anwendung nur begleitend sein könne. Qwiek-up wie auch weitere technische Anwendungen müssen in der Praxis immer individuell, situativ und bedarfsgerecht an der Patientin oder dem Patienten ausgerichtet werden können.

Ein weiterer, wichtiger Fokus der Konferenz war die Aus- und Weiterbildung in der Pflege. Unter anderem konnten 60 Auszubildende der Akademie für medizinische Berufe am Universitätsklinikum Freiburg im Rahmen eines Testing-Workshops in die „Zukunft mit Robotern“ blicken. Dazu diente ein „Methodenset“ des wissenschaftlichen Begleitprojekts BeBeRobot. Dabei wurden anhand von Gamedesign-Elementen mögliche Zukunftsbilder für die Gesellschaft mit Pflegerobotern durch methodische Fragestellungen begleitet zusammengebracht. Ziel dieses sich in Entwicklung befindlichen Methodensets ist es, den Dialog niederschwellig zu ermöglichen und Beteiligte in der Pflege wie auch Auszubildende für Herausforderungen der Zukunft zu sensibilisieren.

60 Auszubildende der Akademie für medizinische Berufe am Universitätsklinikum Freiburg tauchten in einem Testing-Workshop in die Zukunft der Pflege mit Robotern ein. ©Tanja Hansen-Schweitzer/VDI/VDE-IT

Zukunftsfragen
Im Rahmen der Konferenz präsentierten die Beteiligten des Clusters aktuelle Beispiele aus der Forschung und ihren Testumgebungen. Dabei zeigte sich, dass viele wichtige Fragen noch ungelöst sind: Wie verfahren wir mit Daten? Wie übermittle ich die notwendigen digitalen Kompetenzen an Pflegefachpersonen? Wie setze ich den Rahmen so, dass bedarfsgerechte und zuverlässige Produkte entwickelt werden? Auch grundsätzliche Fragen stehen im Mittelpunkt: Wie soll Pflege in Zukunft aussehen? Wie wollen Pflegefachpersonen in Zukunft pflegen? Gibt es Grenzen für Innovationen in der Pflege? – Fragen, die im interdisziplinären Cluster weiter diskutiert werden. Eine Gelegenheit wird die nächste Clusterkonferenz sein. Hier ging zum Abschluss der Konferenz der Staffelstab an das Pflegeinnovationszentrum in Oldenburg, das 2023 die 6. Clusterkonferenz Zukunft der Pflege ausrichten wird.

Weitere Informationen:
5. Clusterkonferenz Zukunft der Pflege

Cluster „Zukunft der Pflege“

Zu den Videos des Clusters Zukunft der Pflege

Pflegeinnovationszentrum (PIZ) 

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