Gelähmte Patientinnen und Patienten können mit Gedanken zuverlässig steuern
Für viele schwerstbehinderte Patientinnen und Patienten mit hochgradig eingeschränkter Muskelfunktion sind die Interaktion mit der Umgebung und die Kommunikation weitgehend ungelöste Probleme. So ist beispielsweise bei einem schweren Verlauf von ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) aufgrund der Degeneration des motorischen Nervensystems die Muskelaktivität derart eingeschränkt, dass die Patientinnen und Patienten weder sprechen, noch einen Joystick zur Steuerung ihres elektrischen Rollstuhls bedienen können.
Zurzeit helfen diesen Patienten Assistenzsysteme, die per Augenbewegung bzw. Lidschlag oder durch die Atmung gesteuert werden. Komplexe Vorgänge, wie die Ansteuerung von Sprachsynthesizern oder das Verfassen eines Texts, sind mit solchen Assistenzsystemen jedoch äußerst mühsam. Ziel des Projekts NASS ist es, schwerstgelähmten Patientinnen und Patienten Elektroden auf die Großhirnoberfläche (epikortikal) zu implantieren, die eine zuverlässige Steuerung von Assistenzsystemen mittels Gedanken ermöglichen.
Dabei erfassen Elektroden die Gehirnaktivität (neuronale Signale) der Patientinnen und Patienten direkt an der Oberfläche des Gehirns. Daraus lassen sich bis zu acht verschiedene Steuerbefehle ableiten, die Assistenzsysteme beispielsweise in Cursorbewegungen oder das Drücken von Tasten umsetzen oder eine gedankenbasierte Steuerung von Rollstühlen ermöglichen.
Solche Systeme erleichtern den Alltag der Patientinnen und Patienten erheblich, erhöhen deren Selbstständigkeit und Lebensqualität und verbessern das Zusammenleben mit den Angehörigen.
Zur Minimierung des Infektionsrisikos soll das zu entwickelnde Assistenzsystem aus einem vollständig implantierten Teil bestehen, welches kabellos über eine hinter dem Ohr eingesetzte Infrarot-Schnittstelle Signale nach außen sendet und durch magnetische Induktion mit Energie versorgt wird.
Hohe Anforderungen an das Implantat bestehen somit nicht nur bei der Sicherheit als Medizinprodukt sondern auch beim Energiemanagement der eingesetzten Mikrosysteme. Angeschlossen an das Implantat werden Assistenzsysteme zur Kommunikation und Umfeldkontrolle entwickelt, die in klinischen Anwendungstests speziell auf die Anforderungen von gelähmten Patientinnen und Patienten abgestimmt werden sollen.