Ergebnissteckbrief KIP-SDM

KI ermittelt Sturzrisiko in der stationären Pflege

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Projekt

Das Forschungsteam des Projekts KIP-SDM hat innovative infrastrukturelle Tools entwickelt, mit denen sich pflegerische und medizinische Daten unter Einhaltung strenger Datenschutzvorgaben für Forschung und Entwicklung von Pflegeanwendungen nutzen lassen. Dank der Infrastruktur können die Einrichtungen ihre gesammelten Daten dezentral speichern, ohne sie mit anderen austauschen zu müssen. Mithilfe dieser dezentralen Daten erzeugt die Technologie automatisierte Pipelines und neue synthetische Datensätze, die Forschungsteams datenschutzkonform nutzen können. Konkretes Anwendungsbeispiel war die Entwicklung eines Tools, das das Sturzrisiko in der stationären Pflege mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) einschätzt.

Motivation

In Deutschland kommt es jährlich zu etwa fünf Millionen Sturzereignissen. Für die Betroffenen sind sie oftmals mit schwerwiegenden psychischen und physischen Folgen wie Sturzangst und Einschränkungen der Autonomie verbunden. Zudem verursachen sie hohe Kosten. Zurzeit müssen Pflegefachkräfte Sturzrisiken, für deren Einschätzung sie verantwortlich sind, aufwändig dokumentieren. Es fehlt eine integrierte Bewertung von Sturzrisiken, die sowohl pflegerische (zum Beispiel über Mobilität), als auch medizinische Daten wie beispielsweise Diagnosen berücksichtigt.

Technische Innovationen

Das Forschungsteam hatte sich daher zum Ziel gesetzt, diese Daten sicher und datenschutzkonform nutzbar zu machen. Das sollte nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen verbessern, sondern auch das Gesundheitssystem entlasten.

Daher identifizierten die Forschenden die wichtigsten Parameter zur Beurteilung von Sturzrisiken in den dezentralen Datensätzen zweier Krankenhäuser. Sie bauten eine sichere Datenverarbeitungsinfrastruktur auf und entwickelten eine Datenpipeline, die die Daten so konvertierte und kennzeichnete, dass sie von einer Künstlichen Intelligenz „leicht verstanden“ werden können. Mit diesen Daten trainierten sie eine KI mit der Methode des sogenannten föderalen Lernens. Im Gegensatz zum herkömmlichen maschinellen Lernen nutzt die KI beim föderalen Lernen nicht einen zentralen Datensatz, sondern vielmehr mehrere dezentrale Datensätze, die nicht untereinander ausgetauscht werden. Das sorgt für Datenschutz und -sicherheit. Das dabei entstandene KI-Modell zur Sturzrisikoprävention verglichen sie in einer sechsmonatigen Studie mit bestehenden Risikoinstrumenten aus der Pflegepraxis. Anschließend integrierten sie es probeweise in mobile Anwendungen und Dashboards.

Das Forschungsteam veröffentlicht seine Ergebnisse in Form von Wikipedia-Beiträgen, Educational Resources in offenen Lexika und verschiedenen wissenschaftlichen Arbeiten. Darunter zum Beispiel Paper zu den Themen „Machine Learning Prediction und Federated Learning“, „PRISCUS-Liste und Medikationsinteraktion“, „Behandlung von Patientengruppen mit KI“ oder „Sturzschwere bei neurologischen Patientinnen und Patienten“.

Ausblick

Auf Basis der Erkenntnisse aus der Pflegeforschung ließen sich in einem Folgeprojekt passgenaue Maßnahmen für Patientinnen und Patienten entwickeln und übersichtlich in einem Dashboard für Pflegefachpersonen zusammenstellen.

Das Forschungsteam hat die wichtigsten Parameter zur Beurteilung von Sturzrisiken identifiziert. Um die Nutzbarkeit der Daten zu verbessern, könnte im nächsten Schritt ein Modul zur Sturzprävention für den Kerndatensatz der Medizininformatik-Initiative entwickelt werden.

Sinnvoll wäre auch die Integration von Echtzeit-Daten in das KI-Modell. Denn wenn es automatisch Daten erfassen und das Sturzrisiko kontinuierlich in Echtzeit ausgeben könnte, würde es zu einer echten Entlastung der Pflegefachpersonen beitragen.

Weitere Informationen

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