Zu dieser und weiteren spannenden Fragen rund um die zwischenmenschliche Verbundenheit aus der Ferne diskutierten die Teilnehmenden bei der Vernetzungsveranstaltung im Rahmen der BMBF-Bekanntmachung Nähe über Distanz (NäDi) am 12. und 13. Juni 2024 in Berlin.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Forschungsprojekte trafen sich in diesem Jahr zum zweiten Mal, um ihre aktuellen Forschungsstände zu präsentieren und sich auszutauschen. In diesem Jahr begleiteten zwölf Bürgerinnen und Bürger die Veranstaltung, um den Projekten ihr Feedback zu ihren Forschungsideen und den mitgebrachten Demonstratoren zu geben.
Im Rahmen der NäDi-Bekanntmachung werden technologische Lösungen erforscht, die zur Erfüllung des individuellen psychologischen Bedürfnisses nach Nähe und Verbundenheit beitragen – und zwar über Distanz hinweg. Das Gefühl von Verbundenheit ist eines der stärksten menschlichen Bedürfnisse und ein elementarer Prädiktor für Wohlbefinden und Lebensqualität. Gerade während der Corona-Pandemie ist dies durch die Kontaktbeschränkungen und dem damit einhergehenden Wegfall sozialer Kontakte für viele Menschen spürbar geworden. Die Forschenden entwickeln seit 2023 in interdisziplinären Teams neue innovative technische Konzepte, die die Teilhabe am Leben nahestehender Personen über räumliche Distanzen hinweg ermöglichen und die Verbundenheit mit diesen Personen stärken.
Zur leitenden Forschungsfrage gehört, unter welchen psychologischen Prinzipien und Produkteigenschaften eine emotionale und empathische Verbundenheit mit interaktiven Technologien möglich ist. Auch die ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekte werden hinterfragt. Folgende BMBF-geförderten Projekte forschen dazu:
Dass es funktionieren kann, zeigte Bill Gaver, Professor für Design an der Goldsmiths, University of London, und Co-Director des Interaction Research Studios, eindrucksvoll in seiner Keynote zum Auftakt der Vernetzungsveranstaltung mit dem Titel „Slow burn and long tail: my life with expressive communication devices“. Seit den 1990er Jahren gibt es, so Gaver, die Idee von technischen Lösungen, die über das Internet das Versenden von nonverbalen Signalen über Distanz ermöglichen - wie Licht, Bewegung oder Geräusche. Doch die Bedeutung solcher Konzepte und Lösungen und deren Bedarf wurden erst so richtig in der Corona-Pandemie deutlich. Bill Gaver zeigte verschiedene Produkte – sogenannte Yo-Yo-Machines –, die er im Laufe der Jahre mit seinem Forschungsteam entwickelt und getestet hat. Als Fallbeispiel erzählte er von seinen persönlichen Erfahrungen mit seiner Mutter, die weit von ihm entfernt in Kalifornien, USA, lebt, und wie er seit der Pandemie mit ihr über interaktive Technologie kommuniziert. Sie nutzen die von Bill Gaver entwickelte Lösung „Light Touch“. Mit ihr können Senderinnen und Sender und Empfängerinnen und Empfänger über erzeugtes Licht miteinander kommunizieren.
Insbesondere am zweiten Veranstaltungstag gingen die Projektteams im Rahmen eines vom Begleitprojekt VEREINT organisierten Barcamps intensiv miteinander in den fachlichen Austausch.
Christiane Wenhart von VEREINT freut sich über die erfolgreiche Veranstaltung: „Das Vernetzungstreffen kann aus unserer Sicht als sehr gelungen bezeichnet werden. Das Format ermöglichte einen vielfältigen Austausch auf unterschiedlichen Ebenen, der durch den fachlichen Input von Prof. Bill Gaver und das offene Feedback der Bürgerinnen und Bürger angeregt wurde. Die intensiven und leidenschaftlichen Diskussionen sind für mich ein klares Zeichen, dass in den beiden Tagen sowohl wissenschaftliche als auch zwischenmenschliche Vernetzung entstand, was uns als Konsortialführende natürlich besonders freut.“
© Universität Siegen/Nicole Braisch
Prof. Dr. Marc Hassenzahl hebt den besonderen Spirit der beiden Tage hervor: „Einsamkeit und Gemeinsamkeiten sind zentrale Themen unserer Zeit. Ich habe den Eindruck, dass wir in den beiden Tagen echte Impulse setzen konnten, die für alle Beteiligten einen Mehrwert bieten und Synergien stiften konnten. Und ganz persönlich freut es mich, dass wir Bill Gaver für uns gewinnen konnten.“
Im Blogbeitrag von VEREINT kann Näheres zur Veranstaltung nachgelesen werden.
Eingefangene Fragen an die Bürgerinnen und Bürgern
Was muss mein Produkt können, damit Du es nutzt?
Was soll es nicht dürfen?
Unter welchen Umständen würdest Du es ausprobieren?
Mit wem würdest Du es nutzen?
Wie soll mein Produkt aussehen?
Mit wem möchtest Du über Distanz verbunden sein?
Welche Orte möchtest Du über Distanz mit jemandem besuchen?
Wen, glaubst Du, spricht mein Produkt an?
Was möchtest Du über Distanz im Alltag teilen können?