Mit virtueller Realität und Neurotechnologie den Alltag unterstützen
Die im Projekt UFO Forschenden haben eine Virtual Reality (VR)-Anwendung entwickelt, die kognitive Fähigkeiten stärkt und mentale Belastung erlebbar macht. Ziel ist es, Autistinnen und Autisten sowie weitere neurodivergente Personen im Alltag zu unterstützen. Die spielerischen Trainingsszenarien passen sich an die mentale Auslastung der Nutzenden an und werden in Echtzeit entsprechend schwieriger oder einfacher. Das Forschungsteam hat Neurofeedback und taktiles Feedback in die Anwendung integriert, um ein intensiveres VR-Erlebnis zu ermöglichen.
Autistische und weitere neurodivergente Personen bringen vielfältige neue Perspektiven und Stärken in Gruppen ein und bereichern so deren Zusammenarbeit. Gleichzeitig ist deren Alltag oft herausfordernd. Ein kognitives VR-Training kann helfen, relevante Fähigkeiten, wie (Dauer-)Aufmerksamkeit und Reizinhibition zu stärken. Für die Zielgruppe hat die VR-Welt den Vorteil, dass sie äußere Reize ausschließt. Nutzende können sich darin frei bewegen, sie erkunden und die Trainings spielerisch erleben.
Die Forschenden haben gemeinsam mit Autistinnen und Autisten, die gleichzeitig Expertinnen und Experten für VR und Softwareentwicklung sind, eine VR-Anwendung entwickelt. In diesem geschützten Rahmen können die Nutzenden sich selbst und ihre eigene Neurokognition spielerisch angeleitet erfahren. Das Forschungsteam hat bekannte, wissenschaftlich validierte Anwendungsszenarien verwendet, die den Alltag unterstützen können. In zwei zusätzlichen 360°-Video-Trainings erproben Nutzende Alltagssituationen.
Während des Trainings misst die Anwendung mittels funktionaler Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS) die mentale Auslastung des Arbeitsgedächtnisses des Nutzenden. So kann sie in Form eines Neurofeedbacks jederzeit widerspiegeln, wie sehr die momentane Aufgabe den Teilnehmenden fordert. Die Rückmeldung zur aktuellen mentalen Auslastung erfolgt nicht nur visuell, sondern auch taktil über den Körper. Algorithmen werten die neurophysiologischen Daten automatisiert aus und klassifizieren sie in verschiedene kognitive Zustände. So können sich die Schwierigkeitsgrade der Spiele automatisch an die mentale Belastung anpassen.
Eine neuroadaptive VR-Trainingswelt mit mehreren Feedbackmöglichkeiten lässt sich in vielen verschiedenen Bereichen anwenden. Dazu zählen Bildungs-, Lern- und Gesundheitskontexte. Es lassen sich nicht nur kognitive, sondern viele weitere Fähigkeiten trainieren, die von Immersion und Neurofeedback profitieren – beispielsweise das Verhalten in Notfällen oder anderen stressauslösenden Situationen.
Die VR-Anwendung ließe sich so weiterentwickeln, dass sie kontextunabhängig, also unabhängig von der zu bearbeitenden Aufgabe, Rückmeldung über den aktuellen mentalen Belastungszustand des Arbeitsgedächtnisses geben kann. Dazu müsste das System deutlich mehr und vielfältigere Daten erfassen, damit die Algorithmen in die Lage versetzt werden, viele verschiedene kognitive Zustände zu klassifizieren.
Das taktile Feedback ließe sich perspektivisch stärker personalisieren. Dabei könnte weiter erforscht werden, wie sich Informationen und mentale Zustände abbilden lassen.