Im Pro und Contra Gespräch zwischen Stefan Greiner und Prof. Stefan Selke ging es um ihre Visionen der Zukunft des Menschen. Greiner betonte direkt zu Anfang, dass alle Menschen auf gewisse Weise Cyborgs seien. Notizen auf Papier zu machen bedeute für ihn bereits, sein Erinnerungsvermögen kurzzeitig zu erweitern und somit über die normalen Fähigkeiten eines Menschen hinauszugehen. Prof. Selke widersprach ihm in diesem Punkt, da ihm die Definition zu weit ging. Eine zu breite Nutzung des Begriffs Cyborg ermögliche keine sinnvolle Unterscheidung und damit auch keine sinnvollen Diskurse. Stattdessen lenkte Prof. Selke den Fokus des Gesprächs auf den schleichenden Wandel der Gesellschaft. Seiner Meinung nach wird nicht mehr auf Gemeinsamkeiten geschaut, sondern eher auf Defizite, und das verändere den sozialen Blick auf Menschen, was für eine Gesellschaft nicht wünschenswert sei. Mittel und Ziele würden oft verwechselt. Meistens gehe es um Märkte und nicht um Utopien einer guten Gesellschaft.
Greiner betonte daraufhin, wie wichtig es sei, technische Werkzeuge „open source“ für alle Menschen bereit zu stellen. Die Selbstermächtigung des Menschen stehe für ihn dabei im Vordergrund. Vor allem der Zugang zu medizinischen Technologien wie Implantaten müsse sichergestellt werden. Implantate dürften nicht nur in proprietärer Hand liegen, sondern müssten stets geteilt und sicher sein. Auch Prof. Selke bekräftigte, dass es die Kriterien für „open source“ zwar seit langem gebe, dass aber heutzutage der Blick zu daten- oder technologiegetrieben sei. Werte würden sich dadurch in ihrer Bedeutung verändern und diese Veränderungen gingen so schleichend voran, dass sie von vielen Menschen gar nicht bemerkt würden. Eine führende Rolle der Sozial- und Geisteswissenschaften betrachte er als empfehlenswert, wenn sich Fortschritt im positiven Sinne für alle auswirken solle.
Greiner schilderte seinen Traum davon, dass neue, technologisch vermittelte Beziehungen zwischen Menschen und anderen Spezies entwickelt werden könnten. Prof. Selke sprach ihm für diese Bereitschaft der Erweiterung seines Bewusstseins seinen Respekt aus. Er selbst wünsche sich manchmal, dass Technologien ihn von unliebsamen Eindrücken ein wenig abschirmen könnten. So zeigte der Pro-Contra-Austausch zwei sehr unterschiedliche, aber trotzdem aneinander interessierte Perspektiven auf die Frage, wie die Zukunft des Menschen aussehen sollte oder könnte.