Interview mit Sana Shah und Elisabeth Schauermann

Fast die Hälfte der Deutschen würden der Forschung ihre Gesundheitsdaten zur Verfügung stellen. Dies besagt eine Studie, die das Digital Autonomy Hub in Auftrag gegeben hat. 29 Prozent der Befragten sind bereit, in Zukunft ihre Gesundheitsdaten zu spenden, 20 Prozent haben es bereits getan. Nähere Fragen zum Hub und zur Studie beantworteten Sana Shah und Elisabeth Schauermann im Interview.

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Sana Shah und Elisabeth Schauermann.© Julia Bornkessel / Gesellschaft für Informatik e.V.

Frau Shah, Frau Schauermann, was ist das Digital Autonomy Hub?
Shah: Das Digital Autonomy Hub koordiniert ein Netzwerk von 43 Organisationen, um Bürgerinnen und Bürgern den richtigen Umgang mit ihren Daten zu vermitteln. Es handelt sich dabei um eine Plattform, die alle Forschungsprojekte und Einrichtungen zusammenbringt, die in der BMBF-Fördermaßnahme „Mensch-Technik-Interaktion für digitale Souveränität“ gefördert werden. Zudem unterstützen wir insgesamt zehn Projekte in ihren jeweiligen Vorhaben und ermöglichen einen aktiven Wissenstransfer in die Öffentlichkeit. Das Hub wird von der Gesellschaft für Informatik und AlgorithmWatch koordiniert.

Was genau sind seine Ziele?
Shah: Das Ziel des Digital Autonomy Hubs besteht darin, Individuen zu einem informierten, reflektierten und selbstbestimmten Umgang mit ihren Daten zu verhelfen. Wir möchten Userinnen und User ermutigen, sich mit komplexen Technologien auseinanderzusetzen. Dazu ermöglichen ihnen Einblicke in praktische Ansätze, die ein digitales autonomes Handeln unterstützen.

Wie genau machen Sie das?
Shah: Unsere Formate und Aktivitäten hierfür sind zahlreich: Wir bieten beispielsweise Webtalks an, bauen ein wachsendes Netzwerk aus Forschungs- und Praxispartnern auf, und publizieren Policy Briefs, die sich mit aktuellen Themen oder Ansätzen beschäftigen. Auf unserer Website www.digitalautonomy.net informieren wir außerdem über Neuigkeiten aus dem Netzwerk, Wissenswertes aus dem Feld, oder relevante Regulierungsvorhaben.

Wissenswertes hat ja auch eine neue, vom Hub durchgeführte Studie zum Umgang mit Gesundheitsdaten hervorgebracht. Was besagt die Studie konkret?
Schauermann: Wir haben im Frühjahr 2021 zusammen mit dem Meinungsforschungsinstitut IPSOS eine längere Umfrage durchgeführt. Konkret wollten wir von Nutzerinnen und Nutzer wissen, wie ihre Datenschutzeinstellungen aussehen und wie autonom sie sich im alltäglichen Umgang mit Lösungen der Mensch-Technik-Interaktion fühlen.
Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass viele Menschen die Vorteile einer Datenweitergabe für wissenschaftliche Zwecke grundsätzlich anerkennen. Den größten Vorteil in der Anwendung sehen 45 Prozent der Befragten darin, dass sich aktuell während der Pandemie Infektionen besser nachvollziehen lassen. Außerdem hoffen viele der Befragten, dass die Auswertung gespendeter Daten eine allgemeine Verbesserung der medizinischen Behandlungen ermöglichen. Wir haben auch gefragt, ob die Menschen bereit wären, ihre Gesundheitsdaten für wissenschaftliche Zwecke zu spenden: etwa die Hälfte würde das tun oder hat schon Daten gespendet. Das sind gute Neuigkeiten für die Forschung.

Warum ist es für die Forschung wichtig, dass Bürgerinnen und Bürger Ihre Gesundheitsdaten zur Verfügung stellen?
Schauermann: Eine gute Datenlage erlaubt Forschung und Entwicklung ein umfassendes Bild der Realsituation zu erfassen und passgenaue Ergebnisse zu erzielen. Gerade bei menschenzentrierter Forschung, kann die Suche nach Probandinnen und Probanden für Tests und Abfragen zur Herausforderung werden. Man darf nicht außer Acht lassen, dass Gesundheitsdaten besonders sensibel sind und wir hier ein hohes Maß an Datenschutz, Datensicherheit und Einhaltung ethischer Prinzipien im Sinne der Datenspenderinnen und Datenspendern garantieren müssen.

Um welche Daten handelt es sich genau?
Schauermann: Das können ganz unterschiedliche Daten sein. Die Corona-Warn-App erlaubt es unter anderem, Testergebnisse zu übermitteln. Gesundheits-Apps- und Anwendungen in der privaten Nutzung erfassen hingegen Trainingsdaten wie die Herzfrequenz und die Schrittzahl. Aber auch im medizinischen Bereich gibt es die Möglichkeit und ein wissenschaftliches Interesse, Patientendaten zu spenden. In unserer Umfrage hatten wir explizit gefragt, ob die eigenen Daten anonym, pseudonymisiert und freiwillig gespendet werden würden.

Aber nicht nur die Forschung ist für Ihre Arbeit wichtig, sondern auch der Austausch unter den einzelnen Projekten. Am 15. Juni nehmen Sie gemeinsam mit den Verbundprojekten der BMBF-Bekanntmachung „Mensch-Technik-Interaktion für digitale Souveränität (DiSo)“ an einem digitalen Vernetzungstreffen teil.  Was können Teilnehmende erwarten?
Shah: Teilnehmende erwartet eine Präsentation aller Forschungsprojekte, sowie auch themenspezifische Workshops, die zur näheren Auseinandersetzung und Diskussion zu den verschiedenen Ansätzen und Methoden aus den Projekten anregen. Als Koordinatorinnen des Digital Autonomy Hub freuen wir uns natürlich besonders auf diese Gelegenheit das gesamte Netzwerk zusammenzubringen.

Weitere Informationen:

Terminhinweis: DiSo Vernetzungstreffen