Mario Czaja, Senator a.D. für Gesundheit und Soziales in Berlin sowie Gründer und Geschäftsführer der BrückenKöpfe in Berlin, berät Start-Ups bei der marktreifen Entwicklung von Pflegeinnovationen. Beim Innovationswettbewerb der Clusterkonferenz Zukunft der Pflege 2019 saß er in der Jury.
Damit innovative Technologien in der Praxis ankommen, braucht man neben der Idee und einem passenden Geschäftsmodell vor allem auch geeignete Rahmenbedingungen für den breiten Einsatz in der täglichen Praxis. Dies gilt insbesondere im stark fragmentierten Bereich der Anbieter von Pflegedienstleistungen und -produkten, die für den Einsatz innovativer Technologien eine entsprechende Planungssicherheit hinsichtlich der Finanzierung und Erstattungs- bzw. Abrechnungsfähigkeit benötigen. Eine engere Abstimmung zwischen dem BMBF und BMG mit den Beteiligen im Gesundheitswesen – von der Wohlfahrt bis hin zu privaten Pflegeeinrichtungen - könnte zum Beispiel helfen, nicht nur innovative Ideen zu fördern, sondern auch die Anschlussfähigkeit und damit die Durchdringung auf Seiten der Anbieter zu erhöhen. Sonst droht vielen guten Ideen die Luft auszugehen, weil die Durchdringung zu gering bleibt.
Ja, Start-Ups entstehen oft aus einer Nutzersicht und gehen unvoreingenommener an neue Lösungsansätze heran. Sie haben keine Schere im Kopf, weil eine Idee zum Beispiel das bestehende Geschäftsmodell gefährdet. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich nur die wenigsten Ideen in der Praxis bewähren, weil es oft an pflegespezifischen Kenntnissen mangelt. Innovationswettbewerbe sind deswegen sehr hilfreich, um die Spreu vom Weizen zu trennen und den Fokus auf die Ansätze zu legen, die tatsächlich zu echten und nachhaltigen Verbesserungen für Pflegebedürftige und Pflegende führen können.
Die BrückenKöpfe sind Wegbereiter für sinnvolle Ideen im Gesundheitswesen. Damit die Ideen in der Versorgung ankommen, entwickeln wir tragfähige Geschäftsmodelle mit Start-Ups, etablierten Anbietern und gemeinnützigen Organisationen. Bei Startups beteiligen wir uns auch selbst, wenn wir an die Idee glauben.
Start-Ups müssen bereits sehr früh mit zahlreichen Beteiligten sprechen. Das gilt gerade im selbstverwalteten deutschen Gesundheitswesen. Neben Nutzern und Anbietern müssen Start-Ups zusätzlich noch mit Kostenträgern, Verbänden und Investoren sprechen und unterschiedlichste Interessen in Einklang bringen, damit ihre Ideen in der Versorgungspraxis ankommen. Viele Gründer stoßen angesichts der Komplexität des deutschen Gesundheitssystems dabei an ihre Grenzen und suchen Unterstützung. Zumal viele dieser Aufgaben wenig mit der erfolgreichen technologischen Entwicklung der Ideen zu tun haben. Hier versuchen wir mit unserer Kompetenz als BrückenKöpfe zu helfen.
Das kann man so pauschal schwer sagen. Wichtig ist, dass man die Vorteile für Nutzer und Anbieter klar beschreiben und belegen kann. Über welchen Kanal man dann Kontakt aufnimmt, kommt auf den Einzelfall an. Hilfreich ist das zunehmende Interesse am Thema Pflege und die Bereitschaft, die Pflege auch finanziell zu fördern. Das Wachstum wird hier in den nächsten Jahren stärker sein als im Gesundheitsbereich.
Ein wichtiger Schritt ist die Schaffung von Infrastruktur und Ökosystemen, auf deren Basis innovative Ideen schneller und einfacher in die Praxis kommen und Klarheit darüber, wie und wann die Leistung finanziert werden kann. Und es ist aus meiner Sicht zwingend erforderlich, dass auch immer die Akzeptanz und eine Arbeitserleichterung für die Pflegenden besteht, ebenso wie Lebensqualitätsverbesserungen für die zu Pflegenden selbst.