Mobil sein ohne eigenen PKW? Das ist oft mangels Alternativen undenkbar. Die Herausforderung der Mobilitätswende ist der Wandel vom motorisierten Individualverkehr zu „intermodalen Mobilitätslösungen“: Die Kombination mehrerer Fortbewegungsmittel. Das BMBF-geförderte Projekt OMI arbeitet an einer solchen Lösung. Darüber haben wir mit Paul Bossauer von Reboot Mobility gesprochen.
Herr Bossauer, wie definieren Sie „intermodale Verkehrslösungen“ und weshalb sind diese so wichtig?
Wir suchen konkret nach Lösungen zur Kombination verschiedener Mobilitätsangebote auf einer Strecke. Denn nach wissenschaftlichen Erkenntnissen können wir uns den motorisierten Individualverkehr als zentrales Fortbewegungsmittel nicht weiter erlauben. Wenn wir die Mobilitätswende gemeinsam meistern wollen, benötigen wir attraktive und bedarfsgerechte Alternativen.
Wie sieht Ihre Lösung im Rahmen von OMI aus?
Im Forschungsteam entwickeln wir eine App, durch die Nutzende Zugriff auf verschiedene Mobilitätsangebote unterschiedlicher Anbieter bekommen. Neben der Vernetzung von bestehenden Mobilitätsangeboten möchten wir auch die Schaffung gänzlich neuer Angebote unterstützen. Dazu setzen wir vor allem auf das Teilen von Fahrzeugen und niedrige Hürden für die Bereitstellung solcher Sharing-Angebote.
Dabei stützen wir uns wir auf viele verschiedene technologische Bausteine und setzen für die Vernetzung bestehender Mobilitätsangebote mit unterschiedlichsten Schnittstellentechnologien auseinander. Im Vordergrund stehen dabei offene Standards. Gleichzeitig erproben wir aber beispielsweise auch Machine-Learning-Verfahren zur Optimierung der Benutzerfreundlichkeit.
Wie interpretieren Sie die Bedeutung von intermodalen Verkehrslösungen im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang?
Wir haben in den letzten Jahren eine starke Zunahme von alternativen Mobilitätsangeboten im urbanen Raum erlebt, wo häufig bereits ein starker ÖPNV vorhanden ist. Weniger dicht besiedelte Gebiete bleiben aus wirtschaftlichen Gründen meist außen vor. Für eine erfolgreiche Mobilitätswende müssen wir aber ganzheitlich denken, denn unsere Mobilität erstreckt sich meist über kommunale Grenzen hinweg. Mit unserem Ansatz möchten wir den ländlichen Raum durch die Schaffung regionaler Angebote attraktiver und lebenswerter machen.
Sie wollen auch ein Service-Portal entwickeln, das Nutzenden verschiedene Mobilitätsmöglichkeiten anbietet. Was wird die Nutzenden auf diesem Portal erwarten?
Das geplante Self-Service-Portal soll eine einfache Möglichkeit bieten, selbst Mobilitätsanbieter zu werden. So können lokale Akteure zum Beispiel eigene Fahrzeuge in der Nachbarschaft oder mit der breiten Öffentlichkeit teilen. Wir möchten die Nutzenden beim gesamten Prozess des Teilens von Fahrzeugen unterstützen. Darauf aufbauend möchten wir einen Mobilitätsassistenten entwickeln, der Mobilitätsangebote jeglicher Art, von ÖPNV-Angeboten, über Mitfahrgelegenheiten bis zu Sharing-Fahrzeugen, leicht nutzbar macht.
An wen wird sich das Angebot richten?
OMI richtet sich auf Anbieterseite an lokale Akteure, die Fahrzeuge zur Verfügung stellen möchten. Dazu gehören Kommunen, Unternehmen, Vereine aber auch Privatpersonen. Der Mobilitätsassistent richtet sich insbesondere an Bürgerinnen und Bürger in der Region, aber auch an Pendler, die sich interkommunal fortbewegen. Es sollen auch ÖPNV-Angebote eingebunden werden.
Für die Testphase fokussieren wir uns aktuell auf den Rhein-Sieg-Kreis, insbesondere auf die Kommunen Hennef, Sankt Augustin und Troisdorf, aber auch angrenzende Kommunen. Für eine erste Pilotierung arbeiten wir bereits mit regionalen Carsharing-Betreibern, wie der Car- und Ridesharing-Community zusammen. Zudem nutzen wir ein deutschlandweites Netzwerk, um Feedback einzusammeln.
Das Interview wurde im September 2022 geführt.
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